Das BKA-Gesetz zur Online-Durchsuchung kommt. Das ist jetzt beschlossene Sache. Stolz wie Oscar ist sie, die gro?e Koalition. Oder soll ich eher sagen: "Stolz wie Wolfgang"? Doch was hei?t das jetzt eigentlich f?r uns? Und warum schafft man es, die Privatsph?re zu kastrieren, wenn man nicht einmal die Steuern senken kann?
Viele Fragen, wenig Antworten. Ein bekannter deutscher Kabarettist (Volker Pispers) sagte ein Mal: "Ein Volk, das sich alkoholfreies Bier aufschwatzen l?sst, das greift auch zu einer kompetenzfreien Regierung". Man mag gar nicht so recht dar?ber lachen, sind es doch die Wahrheiten, die diesen Satz so "lustig" machen.
Aber der Reihe nach. Zuletzt stand das umstrittene BKA-Gesetz zur Online-Durchsuchung privater Rechner im Raum. Zurecht liefen viele Politiker kleinerer Parteien Sturm gegen das Gesetz, welches dem Bundeskriminalamt (BKA) die Kompetenz zusprechen sollte, im konkreten Terrorverdacht private Rechner ohne die Genehmigung eines Richters zu durchsuchen. So weit in aller K?rze. Ich denke da wird sich jeder Interessierte bereits genau erkundigt haben.
Auch wenn sich zuletzt ein paar Bundesl?nder gegen diesen Gesetzesentschluss wehrten, wird mir doch etwas wenig ?ber den eigentlichen Kern und Sinn dieser Installation einer Geheimpolizei, wie sie in Deutschland zuletzt in der DDR existierte, diskutiert. Denn das Gesetz verst??t de facto explizit gegen zwei wichtige und notwendige Aspekte der Privatsph?re: Dem Schutz personenbezogener Daten (Datenschutz) und dem Post- und Fernmeldegeheimnis (Telefon, E-Mail, ...).
Dies m?chte ich gerne Begr?nden. Immer wieder klingt in dem Gesetzesentwurf der Satz "ohne Mitwissen des Betroffenen" an. Dies signalisiert unmittelbar, dass hier ein absoluter Widerspruch zum Grundgesetz vorliegt, sobald sich dieses nicht vorhandene Mitwissen auf Online-Durchsuchung, Telefon?berwachung, o.?. bezieht. Alles unter dem Deckmantel des Terrorismus.
So darf in Zukunft das BKA, wenn aus ihrer Sicht Gefahr im Verzug ist, den Computer eines Verd?chtigten durchsuchen, seine Telefonverbindung abh?ren, personenbezogene Daten von ?ffentlichen und nicht ?ffentlichen Stellen beziehen (Stichwort: "Rasterfahndung"), Personen abh?ren und Bildmaterial machen und sogar heimlich die Wohnung durchsuchen. Immerhin erst nach richterlicher Genehmigung.
Ist es uns das wert?
Wie gro? ist die Gefahr eines Terrorangriffs? Ich h?re wirklich t?glich in den Nachrichten, dass wieder etliche Leute in Deutschland einem Terrorangriff zum Opfer geworden sind. St?ndig werden wahllos deutsche St?dte angegriffen und man f?rchtet sich schon, in den Bus einzusteigen. Personen mit Turban und Vollbart werden direkt denunziert, Moscheen sollten grunds?tzlich abgerissen werden und Ausl?nder im Allgemeinen sind hier nur zu Gast.
Mal ehrlich: Ist die Gefahr eines normalen Autounfalls nicht um ein vielfaches h?her, als durch einen Terrorangriff ums Leben zu kommen? Sollte man nicht besser der Autoindustrie das Recht geben, mit richterlichem Beschluss die Fahrgewohnheiten und Unfallursachen der Deutschen heimlich nachzuforschen?
Ich finde eine etwaige Diskussion eines solchen Gesetzes abstrus - sogar pervers. Jahrelang sind Datensch?tzer Sturm gegen solche Ideen gelaufen. Soll das alles umsonst gewesen sein? Anscheinend ist es in dieser Generation hipp, einen Datenstriptease zu exzerzieren. Wenn vor ein paar Jahren jemand an deine T?r geklopft h?tte und dich nach Namen, Geburtsort, Familienstand, etc. gefragt h?tte, w?re dieser jene hochkantig rausgeflogen, so dass sein neues Zuhause die Intensivstation war.
Wenn du selbes Spiel heute machst, wirst du in die Wohnung gebeten, kriegst einen Kaffee angeboten und die pers?nlichen Daten vom Nachbarn direkt mitgeliefert.
Ich sah letztens einen Bericht im Fernsehen, wo in China der Sohn eines ?lteren Ehepaares des Mordverdachts wegen hingerichtet wurde. Man hatte einen Schuldigen, es gab ein paar Indizien, die gegen ihn sprachen und so musste man ja nicht lange fackeln: Bestrafung durch Exekution.
Das man allerdings ein paar Monate/Jahre sp?ter (ich wei? es nicht mehr genau) den wahren M?rder dingfest machte, interessierte keinen mehr. Au?er die Familie mit dem verlorenen Sohn. Den kann ihnen niemand mehr ersetzen.
Ich bringe dieses Szenario deshalb ein, weil jeder ?ber China emp?rt ist. Es ist angesagt, ?ber dieses Land herzuziehen und Tibet toll zu finden. Trendy eben.
Aber sollte man nicht zu aller erst vor der eigenen Haust?r kehren? Jemand, der unter Terrorverdacht steht, wird ausspioniert, abgeh?rt und durchsucht. Meinetwegen mit richterlichem Beschluss und konkretem Verdacht. Man hat nun nach ausf?hrlichem Durchsuchen erkannt, dass der Verdacht vollkommen unbegr?ndet war. Wer gibt dieser Person jetzt die Privatsph?re zur?ck? Er wurde bis aufs Letzte ausspioniert. Und wof?r? Sch?uble w?rde jetzt sagen: "F?r die Sicherheit von 83 Millionen Menschen". Mag sein. Aber hei?t es nicht im Grundgesetz: "Die W?rde des Menschen ist unantastbar"?
Was bildet sich der Staat ein, das Recht anzuma?en, die Gedanken fremder Menschen zu durchforsten? Jeder Mensch sollte denken k?nnen, was er will. Jeder Mensch hatte schon einmal b?se Gedanken. Ist er deshalb gleich ein Terrorist?
Vielleicht hatte John Emontspool Recht, als er sagte: "Privatsph?re ist wie Sauerstoff - man sch?tzt sie erst, wenn sie fehlt".